In einem vom VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes zu entscheidenden Fall hatte der Kläger einen Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung geschlossen, die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vermietet war. Nach § 570b BGB steht dem Mieter in diesem Fall, wenn das Wohnungseigentum – wie hier – nach der Überlassung der Wohnung an ihn begründet wurde, ein gesetzliches Vorkaufsrecht zu. Nachdem der Mieter auf dieses Recht hingewiesen worden war, setzte sich die beklagte Wohnungsbaugesellschaft, die sich schon vorher für die Wohnung interessiert hatte, mit ihm in Verbindung. Beide kamen überein, daß der Mieter sein Vorkaufsrecht zunächst ausüben und die aus dem Vorkaufsrecht erworbenen Ansprüche sodann an die Beklagte abtreten sollte. Dementsprechend machte der Mieter mit schriftlicher Erklärung von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch und trat seine Ansprüche an die Beklagte ab.
Der Kläger hat die Beklagte, die zwischenzeitlich im Grundbuch eingetragen ist, auf Schadensersatz in Anspruch genommen und Übereignung der Eigentumswohnung Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises verlangt. Die Vorinstanzen haben einen Schadensersatzanspruch des Klägers verneint und die Klage abgewiesen.
In der Revisionsinstanz ging der Streit der Parteien nur noch darum, ob die Ausübung des Vorkaufsrechtes unwirksam ist, so daß der Kläger aus abgetretenem Recht des Verkäufers Rückübertragung der Eigentumswohnung verlangen kann. Dabei stellte sich die Frage, ob die Erklärung des Mieters, mit der dieser von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht hat, der nach § 313 Satz 1 BGB für den Grundstückskaufvertrag erforderlichen notariellen Beurkundung bedurft hätte. Der Senat hat diese in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum unterschiedlich beurteilte Frage verneint.
Die Formfreiheit der Erklärung ergibt sich aus § 505 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht der für den Kaufvertrag bestimmten Form unterliegt. Diese Vorschrift gilt zwar unmittelbar nur für das rechtsgeschäftliche Vorkaufsrecht im Sinne der §§ 504 ff. BGB; auf das gesetzliche Vorkaufsrecht des Mieters findet sie jedoch – wie sich bereits aus den Gesetzesmaterialien zu § 570b BGB ergibt – entsprechende Anwendung.
Eine einschränkende Auslegung des § 505 Abs. 1 Satz 2 BGB dahingehend, daß die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts des Mieters ebenso wie der zugrundeliegende Grundstückskaufvertrag der notariellen Beurkundung zu unterstellen sei, ist auch unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des § 313 Satz 1 BGB nicht geboten. Zwar schützt diese Vorschrift nach der Gesetzesänderung zum 1. Juli 1973 nicht mehr nur den Verkäufer von Grundeigentum, sondern auch den Grundstückskäufer vor dem Eingehen übereilter Verpflichtungen. Soweit der historische Gesetzgeber bei Abfassung des § 505 BGB diesen Gesichtspunkt noch nicht in seine Erwägung mit einzubeziehen vermochte, führt dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Nach Änderung des § 313 Satz 1 BGB hat der Gesetzgeber weder bei der späteren Einfügung des § 570b BGB noch bei der Schaffung des § 2b Wohnungsbindungsgesetz, dem die Vorschrift des § 570b BGB nachgebildet ist, Veranlassung gesehen, die Regelung in § 505 Abs. 1 Satz 2 BGB dem erweiterten Schutzzweck des § 313 Satz 1 BGB insoweit anzupassen. Angesichts der rechtspolitischen und praktischen Bedeutung, die der Entscheidung über die Formbedürftigkeit von Erklärungen zukommt, wäre dies aber erforderlich, zumindest zu erwarten gewesen.
Schließlich ist der Mieter, der sein Vorkaufsrecht ausübt, nicht in gleichem Maße schutzbedürftig wie ein rechtsgeschäftlicher Erwerber von Grund- und Wohnungseigentum. Der Mieter kennt nämlich in aller Regel aufgrund der mietvertraglichen Nutzung der Wohnung die Vor- und Nachteile des Kaufgegenstandes und wird daher auch die Angemessenheit des vereinbarten Kaufpreises einschätzen können. Zudem ist er durch die ihm in entsprechender Anwendung des § 510 Abs. 2 BGB zustehende Ausübungsfrist von zwei Monaten vor einer übereilten Entscheidung geschützt. Er erhält dadurch die Gelegenheit, die Vertragsbedingungen im einzelnen – gegebenenfalls unter Zuhilfenahme von Rechtsrat – zu prüfen und die Finanzierung des Erwerbs sicherzustellen.
Urteil vom 7. Juni 2000 – VIII ZR 268/99
Karlsruhe, den 7. Juni 2000
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