Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm – Senat für Landwirtschaftssachen – vom 18.06.2013 (10 U 6/13)
Christian Nubbemeyer, Pressedezernent, Pressemitteilung vom 30.9.2013

Ein vor der Reform der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP-Reform) abgeschlossener Pachtvertrag kann dahingehend auszulegen sein, dass die dem Pächter im Jahre 2005 im Zuge der GAP-Reform übertragenen Zahlungsansprüche nach dem Betriebsprämiendurchführungsgesetz (Flächenprämien) nicht an den Verpächter herauszugeben sind. Das hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm – Senat für Landwirtschaftssachen – mit Urteil vom 18.06.2013 entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht – Steinfurt bestätigt.

Die Eltern der Klägerin aus Rheine hatten im Jahre 1993 in Rheine gelegene landwirtschaftliche Nutzflächen in der Größe von ca. 16,5 ha mit den dazugehörigen Milchquoten an den Vater des Beklagten aus Rheine verpachtet und dabei in einer Vertragsklausel vereinbart, dass der Pächter „auf die Flächen“ zugeteilte „Produktionsquoten“ zu erhalten und am Ende der Pachtzeit kostenlos an die Verpächter zurückzugeben habe. Nach der GAP-Reform ließ sich der Beklagte, der den elterlichen Hof zwischenzeitlich übernommen hatte, Flächenprämien zuweisen. Nach dem Ende des Pachtvertrages im Jahre 2011 hat die Klägerin, die ihrerseits den Hof ihrer Eltern übernommen hatte, vom Beklagten die Übertragung der auf die früheren Pachtflächen entfallenen Flächenprämien verlangt. Sie hat gemeint, die im Jahre 1993 vereinbarte Vertragsklausel zur Rückgabe zugeteilter Produktionsquoten erfasse auch die im Jahre 2005 eingeführten Flächenprämien. Das Klagebegehren ist erfolglos geblieben.

Nach der Entscheidung des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm – Senat für Landwirtschaftssachen – ist die dem Betriebsinhaber zugeordnete Flächenprämie keine an die verpachteten Flächen gebundene Beihilfe, die der Pächter bereits nach den gesetzlichen Vorschriften am Pachtende an den Verpächter herauszugeben habe. Im vorliegenden Fall ergebe sich auch aus dem Pachtvertrag kein Anspruch auf Übertragung der Zahlungsansprüche, weil diese keine „auf die
Flächen“ zugeteilte „Produktionsquoten“ im Sinne der vertraglichen Absprache seien. Bei den Flächenprämien handele es sich um eine produktionsunabhängige, von der Bewirtschaftung konkreter Flächen entkoppelte Förderung, die eine Beihilfe zur Verbesserung des Einkommens des Betriebsinhabers darstelle. Eine derartige Förderung erfasse die in Frage stehende Vertragsklausel nicht. Die Interessenlage gebiete kein anderes Vertragsverständnis, weil im vorliegenden Fall nur landwirtschaftliche Nutzfläche und keine Betriebseinheit verpachtet gewesen sei. Schließlich könne die Verpächterin auch keine Übertragung eines anteiligen Wertes des auf die verpachteten Flächen bezogenen Teils der Zahlungsansprüche verlangen. Der Vertragsklausel fehle die hierfür notwendige Transparenz, weil sie Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer anteiligen Übertragung nicht festlege.