Die für einen Landpachtvertrag gesetzlich vorgeschriebene Schriftform kann bereits dann nicht gewahrt sein, wenn der schriftliche Vertragstext die den Pachtgegenstand beschreibenden Flurstücke unzutreffend oder unvollständig benennt, so dass ein Dritter dem Vertragstext nicht entnehmen kann, welche Flächen Pachtgegenstand sein sollen. Es genügt insoweit nicht, dass beiden Vertragsparteien bekannt ist, welche Flächen verpachtet sind. Unter Hinweis auf diese Rechtslage hat der 10. Zivilsenat – Senat für Landwirtschaftssachen – des Oberlandesgerichts Hamm am 10.04.2014 die Klage eines Verpächters gegen den Pächter auf Herausgabe verpachteten Landes unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht – Steinfurt abgewiesen.

Im Jahre 2002 pachtete der klagende Landwirt aus Wettringen vom beklagten Landwirt aus Wettringen eine in Wettringen gelegene, aus zwei Fluren mit jeweils zwei Flurstücken bestehende Landwirtschaftsfläche von ca. 16,65 ha zum jährlichen Preis von 615 Euro/ha. Das schriftliche Pachtvertragsformular bezeichnet nur eins der vier Flurstücke richtig, drei Flurstücke – von denen zwei nur teilweise verpachtet werden sollten, werden nicht erwähnt, dafür andere Flurstücke, die nicht zum Pachtobjekt gehören sollten. Der Vertrag sah den 31.12.2011 als Vertragsende vor und wurde vom Verpächter mit einer im November 2011 ausgesprochenen Kündigung zum Ablauf des 31.12.2013 gekündigt. Daraufhin hat der Verpächter ab dem 01.01.2014 die Herausgabe der Pachtsache verlangt, der der Pächter unter Hinweis auf das nach seiner Sicht noch bis zum 31.12.2013 laufende Pachtverhältnis widersprochen hat.

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat dem Pächter Recht gegeben. Beim Abschluss des Pachtvertrages sei die gesetzlich vorgesehene Schriftform nicht gewahrt worden. Der Pachtgegenstand werde in der Vertragsurkunde nicht zutreffend bezeichnet. Das gesetzliche Schriftformerfordernis diene vorrangig der Information eines potentiellen Grundstückserwerbers und nicht der am Vertragsabschluss beteiligten Parteien. Es reiche daher nicht, wenn den Vertragsparteien beim Abschluss des Vertrages klar sei, aus welchen Flurstücken oder Flurstückenteilen sich der Pachtgegenstand zusammensetze. Für einen Dritten als möglichen Grundstückserwerber müsse sich aus der Auslegung der Urkunde und ggfls. dort in Bezug genommener äußerer Umstände ergeben, welche Flächen als Pachtgegenstand verpachtet sein sollten.

Die Schriftform sei im vorliegenden Fall nicht gewahrt, weil einige als Pachtgegenstand vorgesehenen und überlassene Flurstücke im Vertrag nicht erwähnt seien, der andere nicht als Pachtobjekt vorgesehene und auch nicht zur Verfügung gestellte Flurstücke als verpachtet aufliste. Der schriftliche Vertrag mache zudem nicht deutlich, dass bei zwei Flurstücken auch nur bestimmte Teilstücke und nicht die vollen Flurstücke Pachtgegenstand sein sollten. Weil der Pachtgegenstand in der Vertragsurkunde nicht hinreichend fixiert sei, sei dem Schriftformerfordernis insgesamt nicht genügt worden. Infolge des Formmangels gelte das einheitlich begründete Vertragsverhältnis als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und sei mit einer bis zum dritten Werkvertrag eines Pachtjahres ausgesprochenen schriftlichen Kündigung erst zum Ablauf des übernächsten Pachtjahres kündbar. Wenn – so wie im vorliegenden Fall – das Kalenderjahr das Pachtjahr sei, habe die im November 2012 ausgesprochene Kündigung des Vertragsverhältnis erst zum Ablauf des 31.12.2014 beendet.

Urteil des 10. Zivilsenats – Senat für Landwirtschaftssachen – des Oberlandesgerichts Hamm vom 10.04.2014 (10 U 112/13)
Christian Nubbemeyer, Pressedezernent