Keine konkludente Mietvertragsaufhebung durch vorzeitige Wohnungsabnahme und Schlüsselübergabe.
A. Problemstellung
- Das LG Wuppertal hatte darüber zu entscheiden, ob ein Vermieter durch vorzeitige Rücknahme der Wohnung und Entgegennahme der Schlüssel konkludent einer vorzeitigen Beendigung des Mietvertrages zugestimmt hatte.
- B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
- Die Mieterin einer Wohnung hatte das Mietverhältnis ordentlich gekündigt und war ausgezogen. Es fand schließlich die Wohnungsabnahme statt, bei der sämtliche Schlüssel an den Vermieter zurückgegeben wurden.Nach der im Mietvertrag vereinbarten Kündigungsfrist dauerte das Mietverhältnis allerdings noch einen Monat länger. Einen Aufhebungsvertrag über eine frühere Beendigung hatten die Parteien nicht abgeschlossen. Vielmehr hatte der Vermieter zwei Monate zuvor per E-Mail ausdrücklich erklärt, dass er keinen Grund für eine vorzeitige Beendigung des Mietvertrages erkennen könne und einer vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zustimme. Die Mieterin verweigerte die für den letzten Monat fällige Mietzahlung. Ihrer Ansicht nach habe sich der Vermieter wegen der vorzeitigen Abnahme und Rückgabe der Wohnung damit einverstanden erklärt, das Mietverhältnis vorzeitig zu beenden. Der Vermieter erhob schließlich Klage auf Zahlung der letzten Monatsmiete.Das LG Wuppertal hat der Klage stattgegeben.In einer vorzeitigen Wohnungsabnahme und einer Schlüsselübergabe sei grundsätzlich nicht der konkludente Abschluss eines Mietaufhebungsvertrages zu sehen. Die Parteien könnten zwar im Rahmen der Vertragsfreiheit unabhängig von einer vereinbarten Mietzeit das Mietverhältnis zu jeder Zeit durch einen Aufhebungsvertrag beenden. Dazu sei weder Schriftform noch eine sonstige ausdrückliche Vereinbarung notwendig. Auch konkludentes Verhalten, so wie hier Wohnungsabnahme und Schlüsselrücknahme, könne unter bestimmten Umständen für die Annahme eines Mietauflösungsvertrages genügen. Die Auslegung einer Erklärung als Angebot zum Abschluss eines Mietaufhebungsvertrages sei allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn dadurch mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck komme, dass sich der Erklärende hierdurch rechtlich binden wolle. An den entsprechenden Bindungswillen dürften nicht zu geringe Anforderungen gestellt werden. Eine konkludente Willenserklärung zum Abschluss eines Mietaufhebungsvertrages sei nur dann anzunehmen, wenn aus bestimmten Umständen der Schluss gezogen werden könne, dass der Vermieter damit gleichzeitig auf weitere Ansprüche aus dem Mietverhältnis verzichten wolle.Im vorliegenden Fall allerdings hatte der Vermieter im Vorfeld eindeutig erklärt, dass er einer Vertragsauflösung gerade nicht zustimmen wolle. Daher könne der späteren Rücknahme der Wohnung und der Annahme der Schlüssel auch kein dahingehender Erklärungswert beigemessen werden.
- C. Kontext der Entscheidung
- Auch eine Mietaufhebungsvereinbarung kann grundsätzlich durch schlüssiges Verhalten zustande kommen. Voraussetzung ist, dass aus den jeweiligen Umständen des Einzelfalls geschlossen werden kann, dass aus dem Vertrag keine weiteren Ansprüche geltend gemacht werden sollen. Grundsätzlich nicht ausreichend ist nach der Rechtsprechung der Instanzgerichte beispielsweise die Übersendung der Schlüssel zu den Mieträumen und deren kommentarlose Annahme durch den Vermieter (OLG Köln, Urt. v. 09.07.1997 – 27 U 5/97 – ZMR 1998, 91). Denn die widerspruchslose Entgegennahme der unverlangt zugesandten Schlüssel hat für sich genommen keinen Erklärungswert (BGH, Urt. v. 24.09.1980 – VIII ZR 299/79 – WuM 1981, 57; KG Berlin, Urt. v. 13.11.2006 – 8 U 51/06 – ZMR 2007, 271). Aber auch durch die vorbehaltlose Rücknahme der Wohnung kommt eine schlüssige Mietaufhebungsvereinbarung jedenfalls dann nicht zustande, wenn der Vermieter zuvor erklärt hatte, er betrachte das Mietverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt als beendet (so bereits LG Frankfurt/Main, Urt. v. 19.05.2000 – 2/17 S 312/99).
- D. Auswirkungen für die Praxis
- Allein durch Räumung und Rückgabe der Wohnung ist ein Mietverhältnis noch nicht beendet. Die vorzeitige Auflösung von Mietverträgen ist allerdings jederzeit möglich, wenn sich beide Parteien tatsächlich dahingehend einig werden. Von einer konkludenten Aufhebungsvereinbarung durch vorzeitige Rücknahme der Mietsache durch den Vermieter kann jedoch nicht ausgegangen werden, wenn dieser bereits zwei Monate zuvor erklärt hatte, dass er mit einer vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht einverstanden ist. Maßgeblich sind stets die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls.