Der u.a. für das Nachbarrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, daß der Betreiber eines Weinbergs nicht verpflichtet ist, seine Reben gegen den Befall mit Mehltau zu schützen, um eine Ausbreitung auf das Nachbargrundstück zu verhindern.
Die Parteien sind Weinerzeuger und bewirtschaften in Rheinland-Pfalz unmittelbar aneinander grenzende Weinberge. Im Jahre 1995 wurden die Reben beider Weinberge in besonders hohem Maße mit Mehltau befallen. Da der Beklagte seinen Weinberg in diesem Jahr nicht bewirtschaftete, die Fläche vielmehr zur Erhöhung seiner zulässigen Erntehöchstmenge ausnutzte, konnte sich der Pilz auf seinem Grundstück ungehindert ausbreiten. Nach Behauptung des Klägers führte dies zu einem verstärkten Übergreifen des Pilzbefalls durch Windverbreitung, das er trotz massiven Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln nicht habe verhindern können. Dadurch habe er Ertrags- und Qualitätseinbußen hinnehmen müssen.
Der Kläger verlangt wegen dieser Einbußen Schadensersatz in Höhe von 70.380 DM nebst Zinsen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr dem Grunde nach stattgegeben. Die Revision führte zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, daß der Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, auf seinem Grundstück Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung zu ergreifen. Zwar stelle der Befall mit Mehltau kein von menschlicher Einwirkung vollkommen unabhängiges Naturereignis dar, sondern werde durch die von Menschenhand geschaffene in einem Weinanbaugebiet vorherrschende Monokultur begünstigt. Gleichwohl begründet die Bewirtschaftung eines Weinbergs unter diesen Bedingungen keine besonderen Pflichten zum Schutze der Nachbarwinzer. Sie halte sich nämlich im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und löse daher nach der Rechtsprechung des Senats keine Abwehransprüche aus, wenn es hierdurch zu Auswirkungen auf Nachbargrundstücke komme. Daran ändere auch nichts der Umstand, daß der Beklagte auf seinem Weinberg während des betreffenden Jahres keinen Wein erzeugt habe. Auch dies gehöre noch zu einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung, wie sich auch darin zeige, daß der rheinland-pfälzische Verordnungsgeber in einer 1997 erlassenen Verordnung zum Schutz bestockter Rebflächen vor Schadorganismen den Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln nicht vorgeschrieben hat und ein Eingreifen durch Anordnung von Rodungen erst dann für geboten erachtet hat, wenn eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung während zweier aufeinanderfolgender Kalenderjahre unterblieben ist.
Urteil vom 16. Februar 2001 – V ZR 422/99
Karlsruhe, den 16. Februar 2001
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