Nachfolgend ein Beitrag vom 18.3.2016 von Börstinghaus, jurisPR-BGHZivilR 5/2016 Anm. 1

Leitsatz

In der Wohnraummiete genügt zur Übertragung der Betriebskosten auf den Mieter die – auch formularmäßige – Vereinbarung, dass dieser „die Betriebskosten“ zu tragen hat. Auch ohne Beifügung des Betriebskostenkatalogs oder ausdrückliche Bezugnahme auf § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB und die Betriebskostenverordnung vom 25.11.2003 (BGBl I, 2347) ist damit die Umlage der in § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB definierten und in der Betriebskostenverordnung erläuterten Betriebskosten vereinbart.

A. Problemstellung

Das BGB geht seit Jahrhunderten vom Bruttomietbegriff aus. Der Mieter schuldet gem. § 535 Abs. 2 BGB eine einheitliche Miete, wovon der Vermieter alle Ausgaben bestreiten muss. Erst in § 556 BGB gestattet der Gesetzgeber den Mietvertragsparteien eines Wohnraummietvertrages zu vereinbaren, dass der Mieter die Betriebskosten trägt. Dabei können entweder Pauschalen oder Vorauszahlungen vereinbart werden. Voraussetzung ist aber eine wirksame Vereinbarung. Soweit diese formularvertraglich getroffen wurde, muss sie dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB genügen.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der BGH hatte sich mit einem Fall zu beschäftigen, in dem im Mietvertrag vereinbart war, dass der Mieter „Vorauszahlungen auf die übrigen Betriebskosten gemäß Anlage 3 zu § 27 Abs. 2 II. BV (Abwasser, Gebühren, Steuern, Versicherung etc.) 100 EUR.“ zu tragen hat. Ferner hieß es in dem im Jahre 2007 geschlossenen Mietvertrag, dass „für Art und Umfang der Betriebskosten […] die Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. BV in der jeweils geltenden Fassung maßgebend“ sei.
Das Landgericht war der Auffassung, dass hierin bereits deshalb keine wirksame Abwälzung der Betriebskosten zu sehen sei, weil die in Bezug genommene Anlage 3 zu § 27 II. BV zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses bereits nicht mehr galt. Außerdem sei die Regelung unklar.
Diese „Vorlage“ des Berufungsgerichts hat der VIII. Zivilsenat des BGH genutzt, um über den konkreten Fall hinaus klarzustellen, dass seiner Auffassung nach die Abwälzung der Betriebskosten allein durch die Verwendung des Begriffs „Betriebskosten“ möglich ist. Die Vereinbarungen im Mietvertrag seien ausreichend bestimmt und hielten einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle stand.
Für eine wirksame Umlagevereinbarung von Betriebskosten in der Wohnraummiete bedarf es auch in einem Formularvertrag nicht der Aufzählung der einzelnen Betriebskosten. Etwas anders gilt allenfalls bei der Position „sonstige Betriebskosten“. Hier müssen die damit gemeinten Kostenarten explizit im Mietvertrag aufgezählt werden. Unerheblich ist es deshalb, dass die Anlage 3 zu § 27 der II. BV bei Abschluss des Mietvertrags nicht mehr in Kraft, sondern inzwischen durch die im Wesentlichen inhaltsgleiche Betriebskostenverordnung ersetzt worden war. Wenn schon gar keine Rechtsgrundlage genannt werden muss, dann ist es unschädlich, wenn die falsche oder zumindest nicht mehr aktuelle Rechtsgrundlage genannt wird.
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Für den Senat war dabei von Bedeutung, dass der Begriff der Betriebskosten seit vielen Jahrzehnten durch Rechtsverordnung und später durch Gesetz definiert ist. Deshalb sei die Regelung im Mietvertrag ohne weiteres in dem Sinne zu verstehen, das damit die jetzt in § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB gemeinten Betriebskosten vereinbart werden sollten. Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien von einem anderen Begriff der Betriebskosten ausgegangen sind, waren für den BGH nicht ersichtlich.
Die mietvertraglichen Bestimmungen zu den Betriebskosten seien auch nicht unklar; insbesondere läge auch kein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor. Das Transparenzgebot verpflichte den Verwender nach Treu und Glauben, die Rechte und Pflichten der Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen (Häublein, Vortrag auf dem Deutschen Mietgerichtstag 2016, www.mietgerichtstag.de). Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein und verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Klausel so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Etwaige Missverständnisse muss der Verwender sich in dieser Hinsicht vielmehr nur dann zurechnen lassen, wenn er die Gefahr von Fehlvorstellungen bei seinen Kunden durch eine unklare oder mehrdeutige Klauselformulierung oder -gestaltung selbst hervorgerufen oder verstärkt hat. Der Begriff der Betriebskosten sei aber gerade nicht mehrdeutig. Der Begriff sei seit langem gesetzlich definiert und durch die Aufzählung der einzelnen Betriebskostenarten in einer hierzu ergangenen Verordnung und dem darin enthaltenen Betriebskostenkatalog erläutert. Außerdem sei die Abwälzung üblich. Angesichts dessen bedürfe der Begriff der „Betriebskosten“ in der Wohnraummiete grundsätzlich keiner Erläuterung oder Aufschlüsselung, da er als bekannt vorausgesetzt werden kann und für den durchschnittlichen Mieter hinreichend klar und verständlich ist.

C. Kontext der Entscheidung

Die Entscheidung liegt auf der wohl bisher schon herrschenden Linie. Bereits das OLG Hamm (Rechtsentscheid v. 22.08.1997 – 30 REMiet 3/97 – NZM 1998, 186) hat die Bezugnahme auf Anlage 3 zu § 27 II. BV für wirksam erachtet. Pfeifer hat dazu darauf hingewiesen, dass erst „kürzlich examinierte Volljuristen“ (MietPrax Fach 2 Rn. 90 [in früheren Nachlieferungen sprach er noch von „fertigen Volljuristen“, wobei nie klar war, was ein nicht fertiger Volljurist sein sollte]) den Inhalt der Norm nicht kennen würden. Das mag bis in die letzten Verästelungen richtig sein, ändert aber nichts daran, dass der Begriff der Betriebskosten heute allgemein bekannt sein dürfte. Im Rahmen der Transparenzprüfung wurde also allgemein bekanntes Wissen auf Seiten des objektiven Empfängers mit berücksichtigt. Diese Auffassung hatte der BGH (Urt. v. 27.06.2007 – VIII ZR 202/06 – NZM 2007, 769 = MietPrax-AK § 2 Nr. 4 BetrKV Nr. 9, m. Anm. Eisenschmid; Derckx, NJW 2007, 3061; Lützenkirchen, MietRB 2007, 281/282; Beyer, NZM 2008, 12) bereits bestätigt.
Auch wenn vorliegend die gleiche Rechtsgrundlage genannt wurde, ist der Senat noch einen Schritt weiter gegangen. Es muss gar keine Rechtsgrundlage angegeben werden. Was Betriebskosten sind, ist allgemein bekannt und bedarf gar keiner Bezugnahme auf rechtliche Vorschriften.

D. Auswirkungen für die Praxis

Damit dürfte die Auffassung vom Tisch sein, dass die in alten Mietverträgen noch vorgesehene Verweisung auf die II. BV zur Unwirksamkeit der Abwälzung führt, wenn der Vertrag schon unter Geltung der BetrKV geschlossen wurde (so noch AG Hanau, Urt. v. 09.07.2014 – 37 C 106/14 (17) – NZM 2015, 47, 49). Wichtig ist aber auch nach der Rechtsprechung des BGH, dass im Mietvertrag nicht durch Zusätze oder weitere Bestimmungen im Mietvertrag unklar würde, ob „die Betriebskosten“ im Sinne sämtlicher umlegbarer Betriebskosten oder nur einzelner Betriebskostenarten gemeint sind. Ergänzungen sind deshalb weiterhin gefährlich. Es muss klar sein, dass Betriebskosten i.S.d. § 556 Abs. 1 BGB gemeint sind.

E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung

Hinsichtlich der Vorauszahlungen für einen Monat hat der Senat noch einmal deutlich darauf hingewiesen, dass der Anspruch auf Zahlung von Betriebskostenvorauszahlungen mit Eintritt der Abrechnungsreife nicht mehr besteht. Maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei der Tag der letzten mündlichen Verhandlung. Hier muss der Vermieter eine Klageänderung vornehmen und den Saldo aus der Abrechnung einklagen.