Nachfolgend ein Beitrag vom 6.4.2017 von Schach, jurisPR-MietR 7/2017 Anm. 2
Orientierungssätze
1. Ein Mietverhältnis wurde durch die außerordentliche fristlose Kündigung gemäß § 543 Abs. 1 BGB wirksam beendet, wenn ein wichtiger Grund in der fortlaufenden unpünktlichen Mietzahlung lag und der Mieter trotz zweier Abmahnungen, in denen der Vermieter auf eine fristlose Kündigung als Folge weiterer unpünktlicher Mietzahlungen hingewiesen hatte, die Miete weiter nicht pünktlich zahlte.
2. Beendet der Mieter die Zahlungsunpünktlichkeit erst nach dem Zugang der Kündigung, bleibt die Wirksamkeit der Kündigung hiervon unberührt (vgl. BGH, Urt. v. 23.09.1987 – VIII ZR 265/86).
A. Problemstellung
Die außerordentliche fristlose Kündigung wegen ständig unpünktlicher Mietzahlung unterfällt dem § 543 Abs. 1 BGB und gehört damit nicht zu den sog. typisierten Kündigungsgründen nach § 543 Abs. 2 BGB. Ein wichtiger Kündigungsgrund liegt nur dann vor, wenn die erforderliche Einzelabwägung dazu führt, dass dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dazu gibt es immer wieder in der Instanzrechtsprechung sehr unterschiedliche Betrachtungs- und Beurteilungskriterien – obwohl eigentlich dazu die Rechtsprechung des BGH recht eindeutig und konsequent ist.
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Der Mieter zahlte die Miete im Zeitraum von Januar 2015 bis Juni 2015 unpünktlich. Hieran änderte sich auch nichts nach zwei Abmahnungen durch den Vermieter. Daraufhin erklärte der Vermieter am 08.06.2015 die außerordentliche fristlose Kündigung, hilfsweise die ordentliche Kündigung. Danach allerdings zahlte er die Miete pünktlich.
Der Vermieter begehrte mit seiner Klage Räumung und Herausgabe der Wohnung. Das Amtsgericht gab der Klage statt. Dem Vermieter sei es nicht zuzumuten, ein Mietverhältnis aufrecht zu halten, bei dem der Mieter erst bei Erhebung einer Klage sich vertragsgemäß verhalte. Dagegen richtete sich die Berufung des Mieters. Er vertrat die Ansicht, dass den Vermieter ein Mitverschulden treffe, da er auf seinen Antrag, die Miete zu einem späteren Zeitpunkt zahlen zu dürfen, nicht reagiert habe. Außerdem trug er vor, dass eine Mitarbeiterin des Vermieters, welche ihm auf Nachfrage versichert habe, dass eine verspätete Mietzahlung lediglich Mahngebühren zur Folge habe, als Zeugin hätte gehört werden müssen. Außerdem habe das Amtsgericht nicht berücksichtigt, dass die Abmahnungen nur kurze Zeit hintereinander ergangen seien, dies, um damit die Kündigung vorzubereiten. Einer Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung stehe zudem entgegen, dass er die Miete nun wieder zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt zahle.
Das LG Düsseldorf hat die Berufung zurückgewiesen.
Die fristlose Kündigung habe das Mietverhältnis wirksam beendet. Ein wichtiger Grund habe in der fortlaufenden unpünktlichen Mietzahlung gelegen. Durch diese sei das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien derart zerrüttet, dass der Vermieter auch in Zukunft nicht mehr mit der ordnungsgemäßen Erfüllung der vertraglichen Pflichten seitens des Mieters habe rechnen können. Der Mieter habe zunächst über einen Zeitraum von vier Monaten seine Miete unpünktlich gezahlt. Hierauf sei er abgemahnt worden. Bereits in dieser Abmahnung sei auf die fristlose Kündigung als Folge weiterer unpünktlicher Mietzahlung hingewiesen worden. Jedoch auch im nächsten Monat habe der Mieter die Miete unpünktlich gezahlt, was der Vermieter zu einer erneuten Abmahnung und wiederholter Ankündigung einer fristlosen Kündigung veranlasst habe. Ungeachtet dessen habe der Mieter auch im Folgemonat die Miete nicht rechtzeitig gezahlt. Der Vermieter habe also davon ausgehen müssen, dass sich der Mieter auch in Zukunft nicht vertragskonform verhalten würde.
Der Vernehmung der Mitarbeiterin des Vermieters als Zeugin habe es nicht bedurft. Selbst wann man davon ausgehe, dass diese die behaupteten Äußerungen getan habe, habe der Mieter den anwaltlichen Mahnschreiben entnehmen können, dass der Vermieter mit einem geänderten Zahlungsverhalten nicht einverstanden sei und das weitere nicht vertragskonforme Mietzahlungen nicht nur Mahngebühren, sondern die Kündigung zur Folge haben würde. Der Mieter könne auch nicht mit Erfolg damit gehört werden, dass der Vermieter für die Unregelmäßigkeiten der Mietzahlungen mit verantwortlich sei, weil er nicht über den Antrag, die Miete erst zur Monatsmitte zahlen zu dürfen, entschieden habe. Durch die anwaltlichen Mahnschreiben habe der Vermieter deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er die Mietzahlungen weiterhin zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt wünsche. Der Hinweis des Mieters, die Abmahnungen seien zu kurz nacheinander ergangen, habe keine Auswirkung. Tatsächlich dürfe ein Vermieter nicht zu lange zu warten, weil andernfalls angenommen werden könne, dass er die Fortsetzung des Mietverhältnisses trotz der Zahlungsunpünktlichkeit nicht als unzumutbar empfinde. Abgesehen davon fordere § 543 Abs. 3 BGB für eine Kündigung aus wichtigem Grund lediglich eine Abmahnung, so dass der Mieter durch die zweite Abmahnung und erneute Chance, sein Zahlungsverhalten zu ändern, sogar noch begünstigt worden sei.
Das Zahlungsverhalten nach einer Kündigung bleibe regelmäßig unberücksichtigt. Werde die Zahlungsunpünktlichkeit erst nach dem Zugang der Kündigung beendet, bleibe die Wirksamkeit derselben hiervon unberührt (BGH, Urt. v. 23.09.1987 – VIII ZR 265/86 – WuM 1988, 125; LG Köln, Urt. v. 12.07.1991 – 12 S 106/91 – WuM 1991, 485).
C. Kontext der Entscheidung
Einzelne Daten für den unpünktlichen Eingang der streitgegenständlichen Mieten sind in dem Urteil nicht mitgeteilt. Das neuerliche Urteil des BGH vom 05.10.2016 (VIII ZR 222/15) zur Rechtzeitigkeit der Mietzahlung im Überweisungsverkehr kann nur in der Zukunft zur Prüfung des rechtzeitigen Eingangs der Miete herangezogen werden. Da vorliegend der Mieter die Miete offenbar erst Mitte des Monats zahlen wollte, kann unterstellt werden, dass seine Mietzahlungen wohl in der streitgegenständlichen Zeit erst zur Monatsmitte erfolgten.
Das Urteil des LG Düsseldorf liegt auf der Linie des BGH. In diesem Zusammenhang kann zu den Abmahnungen auf das grundlegende Urteil des BGH vom 11.01.2006 (VIII ZR 364/04 – NJW 2006, 1585) verwiesen werden. Danach ist das Zahlungsverhalten des Mieters vor der Abmahnung maßgeblich und reicht schon eine neuerliche unpünktliche Mietzahlung nach der Abmahnung grundsätzlich für eine fristlose Kündigung aus.
Die Abwägung der beiderseitigen Interessen der Mietvertragsparteien in der Beurteilung des wichtigen Grundes liegt in den Händen des Tatrichters. In diesem Zusammenhang kommen die unterschiedlichen Einschätzungen zu den Pflichtverletzungen bei Mietzahlungen zum Tragen, die über das Wohl und Wehe eines Räumungsrechtsstreits entscheiden. In diesem Zusammenhang kann auf die Rechtsprechung einer Mietberufungskammer in Berlin Bezug genommen werden, in der bei der Beurteilung vor allem ein langes oder längere Zeit beanstandungsfreies Verhalten des Mieters berücksichtigt wird und sowohl bei der fristlosen als auch bei der fristgerechten Kündigung einschließlich des Zahlungsverzugs oder der unerlaubten Gebrauchsüberlassung zur Anwendung kommt (LG Berlin, Urt. v. 16.06.2016 – 67 S 125/16 – ZMR 2016, 695; LG Berlin, Urt. v. 06.10.2016 – 67 S 203/16 – WuM 2016, 734; LG Berlin, Beschl. v. 20.10.2016 – 67 S 214/16 – WuM 2016, 741; LG Berlin, Urt. v. 29.11.2016 – 67 S 329/16 – Grundeigentum 2017, 49). Dabei werden zur Beurteilung der Dauer des „Wohlverhaltens“ leider keine näheren Angaben/Vorgaben mitgeteilt.
D. Auswirkungen für die Praxis
Eine unmittelbare Auswirkung auf die Praxis hat das besprochene Urteil naturgemäß nicht, da es eine Einzelfallentscheidung ist, die jedenfalls aber mit der Rechtsprechung des BGH konform geht.