Nachfolgend ein Beitrag vom 25.08.2016 von Herlitz, jurisPR-MietR 17/2016 Anm. 3

Leitsatz

Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs kann auch dann vorgeschoben sein, wenn ein Vermieter seit längerem Verkaufsabsichten hegt und der von ihm benannten Eigenbedarfsperson den Wohnraum in der – dieser möglicherweise nicht offenbarten – Erwartung zur Miete überlässt, diese im Falle eines doch noch gelingenden gewinnbringenden Verkaufs ohne Schwierigkeiten zum Auszug bewegen zu können.

A. Problemstellung

In dem Besprechungsfall – einer Nichtzulassungsbeschwerde – werden zwei wesentliche Elemente der Rechtmäßigkeit einer Eigenbedarfskündigung dargestellt. Neben einem tatsächlichen Umstand, dass der Vermieter nämlich die Wohnung für den von der Eigenbedarfskündigung privilegierten Personenkreis benötigt, ist auch ein entsprechender Nutzungswille zu fordern. In der hier zu beurteilenden Konstellation ist der Angehörige tatsächlich in die Wohnung eingezogen. Die Wohnung wurde jedoch so zeitnah veräußert, dass man den Verdacht haben konnte, die Beklagte habe schon zum Zeitpunkt der Kündigung den Verkauf der Wohnung beabsichtigt. Mit den rechtlichen Konsequenzen auf Eigenbedarfskündigung und Schadensersatz hat der BGH sich in dieser Entscheidung beschäftigt.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Die Kläger, ehemals Mieter eines Wohnhauses des Beklagten, haben diesen auf Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs in Anspruch genommen. Der Beklagte hatte das Mietverhältnis unter Berufung auf einen Eigenbedarf seines Neffen mit Schreiben vom 15.11.2010 gekündigt. Im nachfolgenden Gerichtsprozess haben die Parteien einen Räumungsvergleich geschlossen, in dem den Klägern eine Räumungsfrist bis zum 31.12.2012 gewährt und ihnen die Möglichkeit eingeräumt wurde, auch früher auszuziehen. Hiervon haben die Kläger zum 31.07.2012 Gebrauch gemacht. Zwischen den Parteien stand im Streit, ob und ggf. wie lange der Neffe des Beklagten in das Haus eingezogen ist. Im April 2013 hatte der Beklagte das Anwesen an einen Dritten, für den im selben Monat eine Auflassungsvormerkung eingetragen worden ist, veräußert.
Das Amtsgericht hatte die daraufhin von den Klägern erhobene Klage auf Schadensersatz i.H.v. 62.414,30 Euro nebst Zinsen und außergerichtlichen Anwaltskosten abgewiesen. Das Landgericht hatte die Berufung der Kläger durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Hiergegen wendeten sich die Kläger mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.
Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hatte in der Sache Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Die angefochtene Entscheidung verletze in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
Das Berufungsgericht habe das Schadensersatzbegehren der Kläger wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs im Einklang mit dem Amtsgericht als unbegründet angesehen. Dabei habe es in seinem Zurückweisungsbeschluss offengelassen, ob ein möglicher Schadensersatzanspruch – wie vom Amtsgericht und auch noch im Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts vom 10.06.2015 vertreten – durch den zwischen den Parteien geschlossenen Prozessvergleich ausgeschlossen gewesen wäre. Die Abweisung der Klage habe es darauf gestützt, dass das Amtsgericht aufgrund der Zeugenaussage des Neffen des Beklagten zu der Überzeugung gelangt sei, der Eigenbedarf des Beklagten sei nicht vorgeschoben gewesen, sondern habe tatsächlich bestanden, denn dieser sei in das Einfamilienhaus des Beklagten eingezogen und habe dort etwa ein Jahr gewohnt. Anhaltspunkte für eine mangelhafte Beweiswürdigung des Amtsgerichts bestünden nicht.
Der BGH meinte nunmehr, dass die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht rüge, dass das Berufungsgericht bei der Beurteilung, ob zum Zeitpunkt der Kündigung und bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich Eigenbedarf bestanden hat, entscheidungserhebliches Vorbringen der Kläger unter Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) außer Acht gelassen habe.
Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichte das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Gehe das Gericht in seinen Entscheidungsgründen auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage nicht ein, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, lasse dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (st. Rspr.; vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.02.1978 – 1 BvR 426/77 – BVerfGE 47, 182, 189; BVerfG, Beschl. v. 19.05.1992 – 1 BvR 986/91 – BVerfGE 86, 133, 145 f.; BGH, Urt. v. 11.12.2012 – VIII ZR 37/12; BGH, Urt. v. 11.03.2014 – VIII ZR 31/13). Ein solcher Verstoß falle dem Berufungsgericht hier zur Last. Denn seine Erwägungen lassen nicht erkennen, dass es sich mit zentralem Vorbringen der Kläger und dessen Entscheidungserheblichkeit auseinandergesetzt habe.
Die Kläger haben schon in erster Instanz geltend gemacht, dem Beklagten sei offensichtlich nur daran gelegen gewesen, das Objekt zur Erzielung eines höheren Kaufpreises zu entmieten. Hierzu haben sie vor allem angeführt, dass der Beklagte – was unstreitig geblieben ist – das Anwesen mehrere Monate nach dem Auszug der Kläger an einen Dritten veräußert habe, für den im April 2013 eine Auflassungsvormerkung eingetragen worden sei. Weiter haben sie vorgetragen, das Mietobjekt sei ihnen schon im Jahr 2008 zum Kauf angeboten worden. Die Verkaufsbemühungen seien auch in der Folgezeit fortgesetzt worden. Diesbezüglich habe der Beklagte im Räumungsprozess vorgetragen, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass das Haus von dem von ihm beauftragten Makler auch nach dem Ausspruch der Eigenbedarfskündigung noch zum Verkauf angeboten worden sei; er sei vielmehr davon ausgegangen, dass dieser nach Unterrichtung über die Eigenbedarfskündigung das Angebot herausgenommen habe.
Dieses Vorbringen haben die Kläger im Berufungsverfahren auf den Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts vom 10.06.2015 konkretisiert und ergänzt. So haben sie vorgetragen, der Beklagte habe bereits im April 2008 Besichtigungen mit Kaufinteressenten durchgeführt und einen Immobilienmakler mit dem Verkauf beauftragt. Weiter haben sie vorgebracht, der Beklagte habe im Jahr 2009 mit ihnen intensive Verkaufsverhandlungen geführt, die an den unterschiedlichen Preisvorstellungen der Parteien gescheitert seien. Schließlich haben sie unter Beweisantritt behauptet, im Zeitraum von 2010 bis Oktober 2011, also auch zum Zeitpunkt der am 15.11.2010 erfolgten Eigenbedarfskündigung und der laufenden Kündigungsfrist, seien durch den vom Beklagten eingeschalteten Makler intensive Verkaufsbemühungen entfaltet worden, was auch unstreitig sei.
Das Berufungsgericht habe sich in dem – auf seinen Hinweisbeschluss vom 10. 06.2015 Bezug nehmenden – Beschluss über die Zurückweisung der Berufung allein mit dem nach dem Auszug der Kläger erfolgten Verkauf des Anwesens befasst, habe hieraus aber – im Einklang mit der Beweiswürdigung des Amtsgerichts – in Anbetracht der Aussage des als Zeugen vernommenen Neffen des Beklagten nicht den Rückschluss gezogen, dass eine gewinnorientierte Verkaufsabsicht des Beklagten bereits zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Eigenbedarfskündigung bestanden habe. Auf das weitere Vorbringen der Kläger, insbesondere auf deren unter Beweis gestellte Behauptung, der vom Beklagten beauftragte Makler habe auch zum Zeitpunkt der Eigenbedarfskündigung und während der laufenden Kündigungsfrist das Anwesen zum Verkauf angeboten, sei das Berufungsgericht dagegen – wie die Nichtzulassungsbeschwerde mit Recht rüge – in seiner Entscheidung mit keinem Wort eingegangen.
Im weiteren führt der BGH aus, dass das Berufungsgericht zentrales Vorbringen, nämlich von den Klägern für bedeutsam erachtete Indizien für eine nach ihrer Darstellung durchgehend bestandene Absicht des Beklagten, das Anwesen gewinnbringend zu veräußern, gehörswidrig übergangen (Art. 103 Abs. 1 GG) habe und dass die Verletzung des Anspruchs der Kläger auf rechtliches Gehör auch entscheidungserheblich sei, weil – anders als vom Amtsgericht und zunächst auch vom Berufungsgericht in seinem Hinweisbeschluss angenommen – ein möglicherweise bestehender Schadensersatzanspruch wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs gemäß § 280 Abs. 1 BGB nach dem im Beschwerdeverfahren über die Nichtzulassung der Revision zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht durch den zwischen den Parteien abgeschlossenen Räumungsvergleich ausgeschlossen sei.
Ein Räumungsvergleich unterbreche den Zurechnungszusammenhang zwischen der Vortäuschung einer (Eigen-)Bedarfssituation und dem später vom Mieter geltend gemachten Schaden nur dann, wenn damit auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen eines nur vorgetäuschten Bedarfs abgegolten werden sollten (BGH, Urt. v. 10.06.2015 – VIII ZR 99/14 Rn. 15 – NJW 2015, 2324). Hiervon ging der BGH nicht aus, nachdem der Wortlaut des Vergleichs keine Anhaltspunkte dafür geboten habe, dass die Parteien über den Streitgegenstand und die ausdrücklich geregelten Punkte hinaus sämtliche in Betracht kommenden Ansprüche aus dem Mietverhältnis, also etwa auch einen Schadensersatzanspruch wegen vorgetäuschten Bedarfs, abschließend regeln wollten.
Auch ein stillschweigender Verzicht komme nach den vom BGH im Urteil vom 10.06.2015 (VIII ZR 99/14) entwickelten Maßstäben – wovon wohl auch das Berufungsgericht in seinem nach Bekanntwerden dieser Entscheidung ergangenen Zurückweisungsbeschluss ausgehe – nicht in Betracht. An das Vorliegen eines stillschweigenden Verzichts auf Schadensersatzansprüche wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs seien strenge Anforderungen zu stellen; der Verzichtswille müsse – auch unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitumstände – unmissverständlich sein. Hierfür bedürfe es regelmäßig bedeutsamer Umstände, die auf einen solchen Verzichtswillen schließen lassen; derartige Umstände können bei einem Räumungsvergleich etwa darin liegen, dass sich der Vermieter zu einer substantiellen Gegenleistung verpflichtet. Solche Umstände liegen nach den bisher getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor und sind im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auch nicht aufgezeigt worden.

C. Kontext der Entscheidung

Der BGH hat eine Entscheidung in der Sache nicht getroffen. Er hat lediglich die Nichtzulassungsbeschwerde stattgegeben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Grund der Entscheidung des BGH war, dass die Vorinstanzen im Wesentlichen allein darauf abgestellt haben, dass der Neffe des beklagten Vermieters etwa ein Jahr in der Wohnung gelebt hat, die Eigenbedarfskündigung insofern nicht vorgetäuscht worden sei. Nicht geprüft und übergangen wurde aber der Vortrag des Klägers, nach dem zum Zeitpunkt der Eigenbedarfskündigung bereits eine Verkaufsabsicht bestanden hatte. Wäre das Berufungsgericht darauf eingegangen, so hätte die Entscheidung des BGH wohlmöglich anders ausgesehen.
Im Ergebnis mahnt der BGH also zu einer stärkeren Befassung des Nutzungswillens und der Ernsthaftigkeit und Realisierbarkeit der Nutzungs- oder Überlassungsabsicht (vgl. hierzu: Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl., 2015, § 573 Rn. 60). Eine solche Prüfung erscheint für den BGH unablässig. So betonte der BGH bereits mit Urteil vom 23.09.2015 (VIII ZR 297/14), dass bei der Würdigung der Ernsthaftigkeit des angegebenen Nutzungswunsches Umstände zu berücksichtigen seien, die dies im Streitfall objektiv zweifelhaft erscheinen lassen. Entscheidend kann der Zeitpunkt zum Abschluss des Mietvertrages sein. So stellte der BGH fest, dass eine Kündigung von Wohnraum wegen Eigenbedarfs für einen Familienangehörigen nicht rechtsmissbräuchlich sei, wenn der Eigenbedarf zwar nur kurze Zeit nach Abschluss des Mietvertrages entstanden ist, bei Abschluss des Mietvertrages aber noch nicht absehbar war (BGH, Urt. v. 20.03.2013 – VIII ZR 233/12).
Vorliegend hätten sich die Vorinstanzen also mit der Frage befassen müssen, ob der Eigenbedarf vorgetäuscht war. Ein solcher Fall einer rechtsmissbräuchlichen Eigenbedarfskündigung liegt dann vor, wenn der Vermieter lediglich behauptet, die Wohnung für sich selbst nutzen oder einen Angehörigen überlassen zu wollen, er tatsächlich aber eine andere Absicht verfolgt (vgl. hierzu: Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl., 2015, § 573 Rn. 60). Eine solche Kündigung ist nicht nur unwirksam, sondern vertragswidrig und eröffnet die hier zu prüfenden Schadensersatzansprüche des Mieters. Auch wenn der Neffe tatsächlich die Wohnung genutzt hat, so hätte nach entsprechendem Vortrag zumindest am Rande eine Auseinandersetzung mit der Frage erfolgen müssen, ob die Kündigung nicht allein deshalb erfolgte, um gemäß dem Vortrag des Klägers die Wohnung zu entmieten und so einen höheren Verkaufserlös zu erzielen. So wurde nämlich behauptet, dass zum Zeitpunkt der Eigenbedarfskündigung im Jahr 2010 und in den Monaten darüber hinaus intensive Verkaufsbemühungen stattgefunden haben. Diesem Vortrag hätten die Vorinstanzen nachgehen müssen. Im Hinblick auf § 566 BGB rechtfertigt die Veräußerung der Wohnung grundsätzlich nicht den Eigenbedarf, sondern kann mit dieser Begründung nur in engen Grenzen erfolgen (vgl. Grapentin in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl., 2014, Kap. IV Rn. 141).
Nicht schadensersatzpflichtig wäre es allerdings, wenn die Beklagten zum Zeitpunkt der Kündigung wegen Eigenbedarfs einen nur vage und nicht konkretisierten Willen zur Veräußerung der Wohnung gehabt hätten. So erscheint es nicht rechtsmissbräuchlich, wenn einem Angehörigen aus nachvollziehbaren Gründen die Wohnung überlassen wird, die man „irgendwann“ veräußern möchte. Denn grundsätzlich ist die Entscheidung des Eigentümers über seinen Wohnbedarf zu respektieren, fremde Vorstellungen über angemessene Wohnungen und weitere Lebensplanungen sind dem Vermieter nicht aufzudrängen (BVerfG, Urt. v. 14.02.1989 – 1 BvR 308/88, 1 BvR 336/88, 1 BvR 356/88 – WuM 1989, 114).
Kurz geht der BGH auf den zwischen den Parteien vereinbarten Räumungsvergleich ein. Hier sah der BGH keinen Anhaltspunkt, dass mit dem Vergleich ein „Schlussstrich“ unter die bisherigen Vertragsbeziehungen gezogen werden soll, also auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen eines nur vorgetäuschten Bedarfs abgegolten werden sollten (BGH, Urt. v. 10.06.2015 – VIII ZR 99/14; Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl., 2015, § 573 Rn. 81)
Klarstellend sei erwähnt, dass der Vermieter dann kündigen kann, wenn er durch Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert ist und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. Dies kann einen Verkauf des Grundstücks einschließen. Kündigungsgrund wäre hier aber § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB und nicht § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB (vgl. Grapentin in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl., 2014, Kap. IV Rn. 158).

D. Auswirkungen für die Praxis

Der Beschluss gibt Anlass, sich mit der Ernsthaftigkeit und Realisierbarkeit der Nutzungs- und Überlassungsabsicht bei Eigenbedarfskündigung auseinanderzusetzen und Zweifeln nachzugehen. Jedenfalls sollten die Gerichte zumindest am Rande zu erkennen geben, das man auch diesen „subjektiven“ Gesichtspunkt berücksichtigt hat.

E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung

Der BGH hat klargestellt, dass die Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hinsichtlich der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung nicht auf Verfahrensfehler beschränkt ist. Bei der Berufungsinstanz handele es sich auch nach Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes um eine zweite – wenn auch eingeschränkte – Tatsacheninstanz, deren Aufgabe in der Gewinnung einer „fehlerfreien und überzeugenden“ und damit „richtigen“ Entscheidung des Einzelfalles bestehe (BGH, Urt. v. 09.03.2005 – VIII ZR 266/03). Aus der in § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vorgesehenen grundsätzlichen Bindung des Berufungsgerichts an die erstinstanzlichen Feststellungen lasse sich daher nicht ableiten, dass die Überzeugungsbildung des Erstgerichts nur auf Rechtsfehler überprüft werde. Vielmehr können sich – die Bindungswirkung des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufhebende – Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertungen, also insbesondere daraus ergeben, dass das Berufungsgericht das Ergebnis einer erstinstanzlichen Beweisaufnahme aufgrund konkreter Anhaltspunkte anders würdigt als die Vorinstanz (BGH, Urt. v. 09.03.2005 – VIII ZR 266/03) Ein in zweiter Instanz erfolgtes Vorbringen sei nicht neu, wenn ein bereits schlüssiges Vorbringen aus erster Instanz durch weitere Tatsachenbehauptungen zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert werde (u.a. BGH, Urt. v. 18.10.2005 – VI ZR 270/04). So lagen die Dinge nach Ansicht des BGH hier.