BGH, Pressemitteilung vom 20.09.2017
Der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs verhandelt über ein Verfahren, in dem die (Wider-) Beklagten zur Veräußerung ihrer Teileigentumseinheit verurteilt worden sind, weil diese zur Prostitution genutzt wird.
Sachverhalt:
Die Parteien bilden eine Teileigentümergemeinschaft. Die Anlage liegt in einem Gewerbegebiet, in dem die Ausübung der Prostitution grundsätzlich zulässig ist. Sie besteht aus vier (nicht zu Wohnzwecken dienenden, vgl. § 1 Abs. 3 WEG*) Teileigentumseinheiten. In der Teilungserklärung heißt es zur Nutzung der Einheiten lediglich:
„Die Teileigentumseinheiten dürfen nicht zur Ausübung eines störenden Gewerbebetriebs genutzt werden, welcher ein gedeihliches Arbeiten der Mitbenutzer beeinträchtigt. (…) Vorstehende Beschränkungen hat jeder Teileigentümer denjenigen Personen zur Auflage zu machen, denen er sein Teileigentum ganz oder teilweise zum Gebrauch überlässt.“
Die (Wider-) Beklagten haben ihre Teileigentumseinheit zum Zwecke des Betriebs eines Bordells bzw. eines bordellähnlichen Betriebs an einen Dritten vermietet und auf Abmahnung erklärt, hieran aus wirtschaftlichen Gründen festhalten zu wollen. In den übrigen Einheiten befinden sich u.a. eine Yogaschule, ein Sanitärgroßhandel, ein Ingenieurbüro und eine Versicherungsagentur. In der Eigentümerversammlung wurde mehrheitlich ein Beschluss gemäß § 18 WEG*** gefasst, wonach den (Wider-) Beklagten das Teileigentum entzogen wird.
Bisheriger Prozessverlauf:
In dem Revisionsverfahren geht es nicht mehr um die ursprünglich erhobene Anfechtungsklage gegen diesen Beschluss, sondern ausschließlich um die in Umsetzung des Beschlusses gemäß § 19 WEG**** erhobene Widerklage, die auf die Verurteilung der (Wider-) Beklagten zur Veräußerung ihres Teileigentum gerichtet ist. Das Amtsgericht hat der Widerklage stattgegeben. Das Landgericht hat die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die (Wider-) Beklagten sowohl gegen die Teilungserklärung als auch gegen § 14 Nr. 1 WEG** verstießen. Ein milderes Mittel als die Entziehung des Eigentums sei nicht ersichtlich. Die Prostitution sei bei einem signifikanten Teil der Bevölkerung mit einem sozialen Unwerturteil behaftet. Nach der Lebenserfahrung mindere sich regelmäßig der Miet- und Verkaufswert des Teileigentums der übrigen Miteigentümer; zumindest aber bestehe die begründete Annahme, dass sich eine Wertminderung einstellen könne. Allein darin liege eine Beeinträchtigung im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG**. Hier befinde sich die Anlage zwar in einem Gewerbegebiet, aber nicht in einem Vergnügungs- oder Rotlichtviertel. Ob es konkrete Störungen, also tatsächliche Konflikte, Beeinträchtigungen oder Belästigungen zwischen Bewohnern, Prostituierten und Kunden gebe, sei unerheblich, so dass dieser Frage nicht nachgegangen werden müsse. Es komme hinzu, dass die konkrete Teilungserklärung weitergehende Einschränkungen vorsehe. Durch den (sichtbaren) Betrieb eines Bordells werde das gedeihliche Arbeiten der Mitbenutzer gestört, weil deren Kunden das Gebäude nur sehr zurückhaltend und vorsichtig aufsuchten bzw. ganz fernblieben, weil sie nicht in den Ruf geraten wollten, das Bordell frequentiert zu haben.
Mit der von dem V. Senat des Bundesgerichtshofs wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision wehren sich die (Wider-) Beklagten gegen die Verurteilung zur Veräußerung ihrer Teileigentumseinheit.
Vorinstanzen:
AG Bamberg – Urteil vom 16. März 2015 – 104 C 1210/13 WEG
LG Bamberg – Urteil vom 12. April 2016 – 11 S 21/15 WEG
Karlsruhe, den 20. September 2017
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