Nachfolgend ein Beitrag vom 06.10.2016 von Theesfeld, jurisPR-MietR 20/2016 Anm. 2
Leitsatz
Rauchen in einer Mietwohnung geht über den vertragsgemäßen Gebrauch hinaus und begründet eine Schadensersatzpflicht des Mieters, wenn dadurch Verschlechterungen der Wohnung verursacht werden, die sich nicht mehr durch Schönheitsreparaturen i.S.d. § 28 Abs. 4 Satz 3 der Zweiten Berechnungsverordnung beseitigen lassen, sondern darüber hinausgehende Instandsetzungsarbeiten erfordern.
A. Problemstellung
Das LG Hannover hatte sich nach Zurückverweisung einer Entscheidung durch den BGH erneut mit der Frage zu beschäftigen, ob exzessives Rauchen eines Mieters zu einer Schadensersatzpflicht gegenüber dem Vermieter führt.
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Beklagte war Mieterin einer Wohnung des Klägers. Nachdem das Mietverhältnis endete, stellte der Kläger fest, dass die Beklagte stark in der Wohnung geraucht hatte. Er fordert die Mieterin daher zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auf. Die Beklagte verweigert diese unter Hinweis darauf, dass sowohl die Renovierungsklausel in Form der Vornahmeklausel mit Geltung für die Vertragszeit als auch die Quotenabgeltungsklausel als Grundlage eines Anspruchs des Klägers in Geld wegen des Renovierungszustandes der Wohnung bei Vertragsende unwirksam seien.
Der Vermieter klagte auf Schadensersatz. Das Amtsgericht wies die Klage ab, im Berufungsverfahren wurde der Klage stattgegeben. Der BGH als Revisionsgericht hielt in Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung die Quotenabgeltungsklausel für unwirksam und auch die Vornahmeklausel in Fällen, in denen die Wohnung bei Mietbeginn nicht renoviert überlassen wurde (BGH, Urt. v. 18.03.2015 – VIII ZR 242/13). Zur Begründung führte der BGH aus, dass ein Anspruch auf Schadensersatz wegen exzessiven Rauchens nicht schlüssig dargelegt sei. Eine Wohnung müsse derart beschädigt sein, dass die Gebrauchsspuren durch übliche Renovierungen nicht beseitigt werden könnten. Es sei weder festgestellt noch ersichtlich, dass eine normale Renovierung nicht ausgereicht hätte. Im Übrigen sei eine Quotenabgeltungsklausel dann für den Mieter benachteiligend und insoweit unwirksam, wenn die Wohnung unrenoviert übernommen worden sei. Der BGH verwies den Fall an das Landgericht zurück; es müsse tatrichterlich geklärt werden, wie der Renovierungszustand der Wohnung bei Übergabe an den Mieter war.
Das erneut in der Sache befasste LG Hannover hat dem Kläger zwar keinen Schadensersatz hinsichtlich der Schönheitsreparaturen zugesprochen, wohl aber wegen exzessiven Rauchens in der Wohnung aus § 280 Abs. 1 BGB.
Die Beklagte habe durch starkes Rauchen in der Wohnung deren Bausubstanz nachhaltig geschädigt. Deshalb könne der Kläger neben dem Schadensersatz auch Kosten der Reinigung sowie des Mietausfalls für die Renovierungszeit geltend machen und gegenüber der geleisteten Mietkaution aufrechnen.
Exzessives Rauchen führe dann zu Schadensersatz, wenn sich die dadurch eintretenden Verschlechterungen der Wohnung, nicht mehr durch Schönheitsreparaturen i.S.d. § 28 Abs. 4 Satz 3 der Zweiten Berechnungsverordnung beseitigen ließen, sondern darüber hinausgehende Instandsetzungsarbeiten erforderten. Dies gelte unabhängig davon, ob ein Renovierungsbedarf bereits vorzeitig durch eine unrenovierte Übernahme entstanden sei. Davon ging das Gericht aus, denn die Spuren des Rauchens an lackierten und gestrichenen Flächen ließen sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mehr durch Schönheitsreparaturen beseitigen. Auch ein Überstreichen oder Neutapezieren hätte nicht zur Wiederherstellung führen können. Das Gericht nahm eine so starke Versottung mit Nikotin an, dass selbst eine Nikotinsperre auf dem Innenputz nicht mehr ausgereicht hätte, um das durchdringende Nikotin sowie den Rauchgeruch zu beseitigen.
Als notwendig sah es das Gericht deshalb an, dass sämtliche Tapeten entfernt und der Putz abgeschlagen werden müssten. Mit einer einfachen Renovierung, d.h. mit Tapezieren, Streichen und Lackieren sei es deshalb nicht möglich, die Spuren des exzessiven Rauchens zu beseitigen. Wie das Gericht in seinen Entscheidungsgründen ausführt, sei auch von der anwesenden Beklagten selbst im Beweisaufnahmetermin ein deutlich wahrnehmbarer Rauchgeruch ausgegangen, der den ganzen Raum erfüllt habe.
C. Kontext der Entscheidung
Der BGH hatte im März 2015 eine Reihe von Entscheidungen zum Thema Schönheitsreparaturen getroffen und seine bisherige Rechtsprechung dazu teilweise aufgehoben (BGH, Urteile v. 18.03.2015 – VIII ZR 185/14; VIII ZR 242/13; VIII ZR 21/13). In der hier vorliegenden Entscheidung konnte der BGH dem Kläger deshalb keinen Anspruch auf die Durchführung von Schönheitsreparaturen zusprechen, weil aufgrund des zwischen den Parteien insoweit streitigen Vortrages revisionsrechtlich zu unterstellen war, dass die Wohnung an die Beklagte bei Mietbeginn unrenoviert übergeben worden war. Unter dieser Maßgabe benachteiligt eine Vornahmeklausel nach Ansicht des BGH den Mieter nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen und ist daher unwirksam.
Das Landgericht hielt die Vornahmeklausel, ungeachtet dessen, ob die Wohnung renoviert oder unrenoviert übergeben worden sei, unter Berufung auf die bisherige Rechtsprechung des BGH zunächst für wirksam, da sie die Renovierungsverpflichtung auf einen je nach Abnutzung bedarfsorientierten, flexiblen Fristenplan stütze. Dieser Rechtsprechung ist der BGH in seiner neuen Entscheidung nicht länger gefolgt. Unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung entschied der BGH, dass bei unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnungen vorformulierte Klauseln, die den Mieter während der Mietzeit nach Ablauf bestimmter, von Beginn der Mietzeit oder Übergabe der Wohnung an berechneter (üblicher) Fristen verpflichten, Schönheitsreparaturen vorzunehmen, der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB auch dann nicht standhält, wenn die Fristen – wie hier – im Übrigen flexibel (bedarfsorientiert) gestaltet sind. Die unangemessene Benachteiligung des Mieters liegt bei Übernahme einer unrenovierten oder renovierungsbedürftigen Wohnung darin, dass der Wortlaut solcher Klauseln bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung den Mieter auch zur Beseitigung von Gebrauchsspuren der Wohnung verpflichtet, die nicht von ihm, sondern von dem Vormieter verursacht worden sind (BGH, Urt. v. 18.03.2015 – VIII ZR 185/14).
D. Auswirkungen für die Praxis
Auch wenn der BGH in 2015 wieder neue Urteile zum Thema Schönheitsreparaturen getroffen und seine bisherige Rechtsprechung dabei teilweise geändert hat, wird die Rechtsprechung auf diesem Gebiet noch lange in Bewegung bleiben. Eine absolute Rechtssicherheit hat der BGH zumindest auch in 2015 mit seinen Entscheidungen nicht geschaffen, auch wenn er damit die Rechte der Mieter richtungsweisend gestärkt hat. Vermieter dürfen die Instandhaltung einer Wohnung zumindest dann nicht pauschal auf die Mieter übertragen, wenn sie beim Einzug überhaupt nicht renoviert worden ist.