Nachfolgend ein Beitrag vom 25.08.2016 von Schach, jurisPR-MietR 17/2016 Anm. 5

Leitsatz

Bei einer Klage des Mieters auf Feststellung einer Minderung der Miete ist der Streitwert nicht gemäß § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG analog mit dem einfachen Jahresbetrag, sondern gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO mit dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag der geltend gemachten Mietminderung zu bemessen (Fortführung von BGH, Beschlüsse v. 21.09.2005 – XII ZR 256/03 – NJW-RR 2006, 16 unter II 3 und v. 20.04.2005 – XII ZR 248/04 – NJW-RR 2005, 938 unter II 1 a).

A. Problemstellung

Bisher war es in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob § 41 Abs. 5 GKG direkt oder analog für den Gebührenstreitwert einer Klage des Mieters auf Feststellung einer Mietminderung Anwendung findet und der Wert damit sich nach dem Jahresbetrag der Minderung richtet oder § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO mit dem 3,5-fachen Jahresbetrag anwendbar ist. Zur Streitbeendigung könnte die vorstehende Entscheidung des VIII. Senats des BGH führen bzw. dazu beitragen.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Mieter war in der Instanz mit einer Klage gegen den Vermieter auf Beseitigung verschiedener Mängel in der von ihm bewohnten Mietwohnung sowie auf Feststellung einer Mietminderung bis zur Beseitigung der Mängel gescheitert. Im Rahmen einer erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde hatte der BGH den Wert des Feststellungsanspruchs nach dem Jahresbetrag der monatlichen Minderung festgesetzt. Dagegen erhob der Vermieter Gegenvorstellung und machte geltend, dass der Wert mit dem 3,5-fachen Jahresbetrag der monatlichen Minderung anzusetzen sei.
Der BGH änderte seinen vorher gefassten Beschluss ab.
Der Gebührenstreitwert einer Klage des Mieters auf Feststellung, die Miete sei gemindert, sei nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO mit dem 3,5-fachen Jahresbetrag der geltend gemachten Mietminderung zu bemessen. Dies habe bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (KostRModG) der Rechtsprechung des BGH entsprochen und gelte auch nach der Erstreckung des § 41 Abs. 5 GKG auf Ansprüche des Mieters wegen der Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen.
Die umstrittene Frage, ob bei einer Klage des Mieters auf Feststellung, die Miete sei gemindert, § 41 Abs. 5 GKG direkt oder analog anzuwenden sei, sei dahingehend zu entscheiden, dass die Vorschrift weder direkt noch analog anzuwenden sei, so dass der Gebührenstreitwert nach den allgemeinen Vorschriften (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO) mit dem 3,5-fachen Jahresbetrag der geltend gemachten Mietminderung anzusetzen sei.
Eine direkte Anwendung sei schon deshalb abzulehnen, weil eine solche mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht vereinbar wäre, denn dieser erfasse „Ansprüche des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen“ (§ 41 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 GKG), nicht aber die Feststellung einer Minderung. Auch eine analoge Anwendung scheide aus, weil eine planwidrige Regelungslücke nicht vorliege. Die Regelung des Gebührenstreitwerts bei Ansprüchen des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen und bei Ansprüchen des Vermieters auf Duldung einer Durchführung von Modernisierungs- oder Haltungsmaßnahmen durch § 41 Abs. 5 GKG beruhe ausweislich der Gesetzesbegründung auf „vergleichbaren sozialpolitischen Gründen“, wie sie § 16 Abs. 1, 2 und 5 GKG a.F. (§ 41 Abs. 1, 2 und 5 GKG n.F.) zugrunde lägen. Das Ziel der Begrenzung des Streitwerts durch die letztgenannten Vorschriften sehe die Gesetzesbegründung zu § 41 Abs. 5 GKG darin, dass ein Mieter nicht durch hohe Gerichtsgebühren davon abgehalten werden solle, das Bestehen oder die Dauer eines Mietverhältnisses oder etwa die Berechtigung einer Räumung der bisher genutzten Wohnung gerichtlich prüfen zu lassen. Ebenso sei der Wert bei gerichtlichen Auseinandersetzungen um eine Mieterhöhung gemäß § 16 Abs. 5 GKG a.F. (§ 41 Abs. 5 Satz 1, Alt. 1 GKG n.F.) begrenzt. Mit jener Vorschrift habe der Gesetzgeber die bisherige Rechtsprechung übernommen, welche die Begrenzung des Gebührenstreitwerts durch § 16 Abs. 1 GKG a.F. ihrem Rechtsgedanken nach auf Fälle der Mieterhöhung übertragen hatte. Aus diesen Erwägungen des Gesetzgebers gehe nicht mit hinreichender Klarheit ein Regelungsplan dahingehend hervor, er habe den Wert von Streitigkeiten wegen Mietmängeln oder über die Höhe der Miete aus sozialpolitischen Gründen stets auf den streitigen Jahresbetrag beschränken wollen. Vielmehr betone die Gesetzesbegründung, mit § 41 Abs. 5 GKG solle der besonderen Situation der Instandsetzung und Modernisierung Rechnung getragen werden. Dem entspreche, dass der Gesetzgeber keine allgemeine – insbesondere keine Zahlungsklagen betreffende – Begrenzung des Gebührenstreitwerts im Mietrecht geschaffen habe, um sozialpolitischen Belangen Rechnung zu tragen. Er habe sich vielmehr darauf beschränkt, die Regelungen zum (Wohnraum-)Mietrecht im GKG jeweils nur punktuell und vor dem Hintergrund einer Kontroverse in der Rechtsprechung zu erweitern. Hätte der Gesetzgeber darüber hinaus eine Ausweitung der gebührenrechtlichen Privilegierung auch auf Fälle der Minderung gewollt, hätte er zu deren Schaffung im Rahmen der Erweiterung des § 41 Abs. 5 GKG Anlass gehabt.
Zwischen einer Klage des Mieters auf Instandsetzung und einer Klage auf Feststellung, die Miete sei gemindert, bestünden zudem Unterschiede von solchem Gewicht, dass sie einer planwidrigen Regelungslücke und damit einem Analogieschluss entgegenständen. Bei einer Klage auf Feststellung würden die Parteien – anders als bei der Gestaltung von Ansprüchen auf Instandsetzung – ebenso über eine Zahlungsverpflichtung des Mieters wie bei einer den Minderungsbetrag betreffenden Zahlungsklage des Vermieters streiten. Letztere sei nach ständiger Rechtsprechung des BGH nach den allgemeinen Vorschriften zu bewerten. Für die negative Feststellungsklage eines Mieters könne nichts Gegenteiliges gelten. Denn sie stelle in der Sache das Spiegelbild einer Leistungsklage des Vermieters auf Zahlung künftigen Mietzinses dar, so wie jede negative Feststellungsklage nach gefestigter Rechtsprechung das Gegenstück zur auf die gleiche Forderung gerichteten Zahlungsklage sei, weil ein ihr stattgebendes Urteil auch eine Leistungsklage ausschließe. Daher bestehe in Fällen der Minderung ebenso wenig wie bei anderen negativen Feststellungsklagen hinsichtlich der Miethöhe ein Grund, diese anders zu behandeln als eine Klage des Vermieters auf (künftige) Zahlung oder – unbeschadet eines Feststellungsabschlages – eine ihm wahlweise offenstehende Klage auf Feststellung der Höhe der geschuldeten Miete.

C. Kontext der Entscheidung

Mit der vorliegenden Entscheidung führt der VIII. Senat des BGH die Rechtsprechung des XII. Senats des BGH fort (BGH, Beschl. v. 21.09.2005 – XII ZR 256/03 – NJW-RR 2006, 16; BGH, Beschl. v. 20.04.2005 – XII ZR 248/04 – NJW-RR 2005, 938).
Wenige Tage vor dem Beschluss des BGH hatten zwei Senate des Kammergerichts sich in weiteren Beschwerden gegen Beschlüsse des Amtsgerichts mit zwei Entscheidungen des LG Berlin, ZK 63, zu beschäftigen (KG Berlin, Beschl. v. 30.05.2016 – 8 W 13/16 und 12 W 4/16). Das Landgericht hatte den Gebührenstreitwert jeweils mit dem 3,5-fachen Jahresbetrag der Minderung festgesetzt. Das KG Berlin hat die Beschlüsse mit unterschiedlicher Begründung abgeändert. Der 8. Senat des KG Berlin wandte § 3 ZPO an und kam zum Ergebnis, dass das Feststellungsinteresse in der Regel auf den Jahresbetrag der Minderung zu schätzen sei. § 9 Satz 1 ZPO sei nicht anzuwenden. Die Minderung bis zur Mangelbeseitigung hänge von der im Zeitpunkt der Klageeinreichung absehbaren Dauer bis zum Erlass und zur Vollstreckung eines (vorläufig vollstreckbaren) Titels ab. Diese sei regelmäßig eher mit einem Jahr als mit dreieinhalb Jahren anzunehmen. Der 12. Senat des KG Berlin will § 9 Satz 2 ZPO anwenden, weil grundsätzlich davon auszugehen sei, dass die Minderung auf eine bestimmte Dauer begrenzt sei und ihr Gesamtbetrag regelmäßig unter dem 3,5-fachen Jahresbetrag liege; im Allgemeinen sei von einem Jahresbetrag der geltend gemachten Minderung auszugehen. Das beziehe sich allerdings nur auf behebbare Mängel. Insgesamt sei § 41 Abs. 5 GKG nicht analog anzuwenden, allerdings sei der Rechtsgedanke des § 41 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 GKG zu berücksichtigen.
Beide Entscheidungen sind erst kürzlich in KG Berlin, Beschl. v. 30.05.2016 – 8 W 13/16 – Grundeigentum 2016, 912 = WuM 2016, 445 veröffentlicht worden, so dass sich der BGH naturgemäß mit den Entscheidungen nicht beschäftigen konnte.

D. Auswirkungen für die Praxis

Es kann jetzt spannend werden, wie die Instanzgerichte weiter verfahren werden. Es ist zu hoffen, dass jetzt nach der klaren und ausführlichen Entscheidung des BGH dessen Ergebnis beherzigt wird und damit der zwar dogmatisch interessante, aber wohl nicht zu wichtig zu nehmende „Streit“ beendet werden kann.