Nachfolgend ein Beitrag vom 4.5.2017 von Börstinghaus, jurisPR-MietR 9/2017 Anm. 3

Orientierungssatz

Ein Vermieter kann sich zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens nicht auf eine Auskunft der Stadtverwaltung stützen, da es sich bei einer solchen Auskunft nicht um ein geeignetes Begründungsmittel handelt.

A. Problemstellung

Das Mieterhöhungsverlangen im preisfreien Wohnungsbau muss vom Vermieter bekanntlich begründet werden. Das Gesetz zählt in § 558a Abs. 2 BGB dazu fünf Begründungsmittel auf (wenn man einfachen und qualifizierten Mietspiegel als eigene Begründungsmittel versteht). Die Aufzählung auf diese fünf Begründungsmittel ist aber nicht abschließend, was sich aus der Formulierung: „kann insbesondere Bezug genommen werden“ ergibt. Daraus ergibt sich eindeutig, dass die Aufzählung nicht abschließend ist. Es handelt sich um eine beispielhafte, nicht aber um eine abschließende Aufzählung. In der Praxis stellt sich deshalb immer wieder die Frage, welche Anforderungen an die sog. „sonstigen Begründungsmittel“ zu stellen sind.

B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Im konkreten Fall hatte der Vermieter sein Mieterhöhungsverlangen mit einer Auskunft der Stadtverwaltung Möglingen begründet, wonach die durchschnittlichen Mietpreise in der Gemeinde zwischen 6,60 Euro/qm bis 8,80 Euro/qm liegen sollen.
Das AG Ludwigsburg hat dies für formell nicht ausreichend angesehen und konsequenterweise die Zustimmungsklage als unzulässig abgewiesen.
Zulässig seien als sonstige Begründungsmittel alle Begründungsmittel, die geeignet sind, dem Mieter die für seine Entschließung erforderliche Information zu geben. Bei Auskünften einer Gemeinde oder Stadt handele es sich nicht um ein geeignetes Begründungsmittel, da diese Ämter in der Regel keine Daten hätten, um solche Auskünfte zu erteilen und der Mieter die Angaben auch nicht nachprüfen könnte, weil jegliche Befundtatsachen, die einer solchen Auskunft zugrunde liegen, fehlen.
Auch die Begründung in der Klageschrift genügte dem Amtsgericht nicht. Es sei nicht ersichtlich, auf welche Wohnungen vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage sich die Auskunft der Stadtverwaltung Möglingen beziehen würde. Dem Mieter sei es deshalb nicht möglich, die Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen.

C. Kontext der Entscheidung

Der Entscheidung ist zuzustimmen. Ausgangspunkt ist zunächst die Definition der ortsüblichen Vergleichsmiete in § 558 Abs. 2 BGB. Dabei handelt es sich bekanntlich um einen empirisch normativen Wert. Es ist keine Miete, die am Markt so vorkommt, sondern die unter empirischen Gesichtspunkten unter normativer Wertung ermittelt wird. Es fließen dabei Mieten der vergangenen vier Jahre nach einem normativ festzulegenden Mischungsverhältnis in die Berechnung mit ein. Das bedeutet für das vorprozessuale Begründungsmittel, dass es dem Mieter konkrete Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens geben muss. Wie auch bei allen anderen im Gesetz aufgezählten Begründungsmitteln dürfen dabei in formeller Hinsicht im Hinblick auf das Grundrecht des Vermieters aus Art. 14 GG keine überhöhten Anforderungen gestellt werden.
Deshalb reichen z.B. Hinweise auf entsprechende Anzeigen in der örtlichen Tagespresse nicht aus, da sie weder überprüfbar sind noch feststeht, dass die dort verlangten Mieten auch tatsächlich später erzielt wurden. Das Gleiche gilt für Begründungen, die mit dem Wohnungsmarkt in der Gemeinde nichts zu tun haben, z.B. der Hinweis auf gestiegene Lebenshaltungskostenindices, selbst wenn es sich um den Mietenindex handeln sollte, da diese Angaben entweder nicht ausschließlich Wohnungsmieten betreffen und schließlich überhaupt nicht nach den Wohnwertmerkmalen des § 558 Abs. 2 BGB differenzieren, von der zeitlichen Beschränkung der zu erfassenden Mieten ganz zu schweigen. Auch die Wohngeldstatistik ist ein ungeeignetes Begründungsmittel, da gerade die Wohngeldempfänger nicht repräsentativ für alle Wohnungsmieter sind.
Das sonstige Begründungsmittel muss mindestens so geeignet sein, wie das schlechteste der fünf vom Gesetzgeber vorgesehenen Regelbegründungsmittel. Das ist die Begründung mit drei Vergleichswohnungen. Zumindest werden hier aber drei ganz konkrete Mietverhältnisse angegeben, die der Mieter sowohl hinsichtlich der Vergleichbarkeit wie auch hinsichtlich der Höhe der vereinbarten Miete überprüfen kann. An diesem Maßstab sind die sonstigen Beweismittel zu messen. Auch wenn die Anforderungen deshalb nicht allzu hoch sind, kann nicht jede Übersicht über Mieten in einer Gemeinde herangezogen werden. Übersichten der Makler wie z.B. der „VDM-Preisspiegel für Wohn- und Anlageimmobilien“, der „RDM-Immobilienspiegel“ oder der „ivd-Immobilienspiegel“ sind keine geeigneten Begründungsmittel. In diesen Übersichten werden nur Neuvertragsmieten ausgewiesen. Auch die entsprechenden Übersichten der Finanz- bzw. der Staatshochbauämter sind deshalb ungeeignet. Diese Datensammlungen orientieren sich an entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen des öffentlichen Rechts, sind für den Mieter nicht überprüfbar und differenzieren nicht nach den Wohnwertmerkmalen. Damit vergleichbar ist die im vorliegenden Verfahren vorgelegte Auskunft der Gemeinde. Zum einen hat diese regelmäßig gar keine passenden Daten, um solche Auskünfte zu erteilen, und zum anderen kann der Mieter diese Angaben auch nicht nachprüfen, da jegliche Befundtatsachen, die der Auskunft zugrunde liegen, fehlen. Es ist zu vermuten, dass es sich allenfalls um die Neuvertragsmieten handelt, die der Gemeinde bekannt sind. Hätte sie wirklich Daten über die ortsübliche Vergleichsmiete, läge es nahe, dass die Gemeinde diese in Form eines Mietspiegels veröffentlichen würde. Daran ändert die Unabhängigkeit der Gemeinde nichts (a.A. Emmerich in: Staudinger, BGB, § 558a Rn. 54a, wonach die Skepsis gegen sonstige Begründungsmittel nur gerechtfertigt sei, wenn die Unabhängigkeit der Stelle zweifelhaft sei).
Auf der anderen Seite genügen alle diese Begründungsmittel, die dem Mieter anhand von Einzeltatsachen nachvollziehbar einen Anhaltspunkt über die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete geben. Hierzu zählen z.B. Urteile, in denen der Rechenweg zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete für die konkrete Wohnung in der Vergangenheit dargelegt wurde oder in denen aktuell die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete für vergleichbaren Wohnraum festgestellt wurde oder auch entsprechende Sachverständigengutachten, z.B. wenn sie als sog. Typgutachten (BGH, Urt. v. 19.05.2010 – VIII ZR 122/09), nicht als Gutachten gemäß § 558a Abs. 2 Nr. 3 BGB anerkannt werden. Darunter fallen vor allem Gutachten für andere vergleichbare Wohnungen, die der Sachverständige nicht besichtigt hat.

D. Auswirkungen für die Praxis

Bedeutung hat die Entscheidung nicht nur für die Mieterhöhung im Bestand, sondern auch für die Beschränkung der Wiedervermietungsmiete in angespannten Wohnungsmärkten. Auch hier müssen die Mietvertragsparteien die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete ermitteln. Gerade in Gemeinden ohne Mietspiegel werden sie dabei vor eine kaum lösbare Aufgabe gestellt. Auch hier ist die Auskunft der Gemeinde ungeeignet. Letztendlich hilft in einem solchen Fall zumindest im (Rück-)Zahlungsprozess nur ein Sachverständigengutachten.